Kann man angesichts der hohen Inflation noch Vertrauen in den Euro haben?
Ein Experte der Bundesbank erläutert die Geldpolitik
Am 23. April 2023 stand für die 12. Klassen der Fachoberschule der Ausbildungsrichtungen Internationale Wirtschaft sowie Wirtschaft und Verwaltung das Thema Geldpolitik erneut auf dem Plan. Die im IBV- oder VWL-Unterricht erworbenen Kompetenzen sollten schließlich noch weiter vertieft werden. Außerdem gab es einen Katalog von Fragen, die der Unterricht aufgeworfen hatte.
Die Inflation bestimmt den beruflichen Alltag eines Zentralbankers
Und Herr Rebl, Leiter der Bundesbankfiliale in Würzburg, blieb unseren Schüler*innen selbstverständlich keine Antwort schuldig. In sehr anschaulicher Weise referierte er über die Inflation, die Deutsche Bundesbank und die Europäische Zentralbank (EZB) sowie die Auswirkungen der geldpolitischen Impulse auf die Realwirtschaft. Dabei ließ er immer wieder anschauliche Details aus dem beruflichen Alltag eines Zentralbankers einfließen, die das stellenweise etwas trockene Thema „Geldpolitik“ mit Leben füllen konnten.
Warum der EZB-Rat nicht einheitlich tickt
Man konnte beispielsweise erfahren, dass Deutschland mehr als ein Viertel des Eigenkapitals der EZB gehört und die EZB - salopp gesagt - als "Joint Venture" der nationalen Zentralbanken der Euroländer bezeichnet werden kann. Die interessierten Zuhörer*innen wissen nun auch, dass nicht die EZB, sondern der EZB-Rat die geldpolitischen Entscheidungen trifft. In diesem EZB-Rat fürchten die Südeuropäer aufgrund ihrer relativ hohen Staatsverschuldung die Inflation nicht so sehr wie beispielweise wir Deutschen, denen die Angst vor der Inflation aufgrund der schlechten historischen Erfahrungen mit der Hyperinflation vor 100 Jahren quasi genetisch eingebrannt ist.
Mit PEPP durch die Pandemie
Herr Rebl erklärte die Maßnahmen im Rahmen der Geldpolitik der EZB von der Finanzkrise im Jahr 2008 bis heute. Mit dem „Pandemic Emergency Purchase Programme“ (PEPP) beispielsweise startete die EZB während der Pandemie ein Notfallankaufprogramm, bei dem die Zentralbanken von den Geschäftsbanken Wertpapiere deutlich über Marktpreis aufkauften, um mit aller Macht Geld ins Bankensystem zu pressen. Dies führte bis heute zu einer sehr hohen Überschussliquidität im Bankensektor, da das Geld nur teilweise wie beabsichtigt in die Realwirtschaft geflossen ist. Nun müssen die Zentralbanken das überschüssige Geld wieder einsammeln. Daher steigen die Leitzinsen seit einiger Zeit und voraussichtlich sind zukünftig noch weitere Zinsanhebungen zu erwarten, um die weit vom Ziel der EZB von etwa zwei Prozent entfernte Inflationsrate wieder deutlich zu reduzieren.
Das Vertrauen in die EZB und den Euro nimmt wieder zu
Referent und Publikum waren sich völlig einig, wie dramatisch eine zu hohe Preissteigerungsrate insbesondere unter dem Gesichtspunkt der sozialen Gerechtigkeit ist.
In diesem Zusammenhang verdeutlichte Herr Rebl aber auch, dass das Vertrauen der Verbraucher*innen in die EZB und den Euro zuletzt wieder zugenommen hat. So ergab eine Umfrage aus dem Februar 2023, dass die Befragten die Inflationsrate mittelfristig durchschnittlich wieder bei 2,4 % erwarten.
Das duale Studium bei der Bundesbank
Einen gelungenen Abschluss des Vortrags bildeten die Informationen von Frau Bernhard, die als duale Studentin bei der Bundesbank über die Studiengänge Zentralbankwesen sowie Betriebswirtschaft berichtete. Besonders überraschend war dabei, dass es für diese Studiengänge nur drei bis vier Bewerber auf eine Stelle gibt und die Einstellungschancen für ein duales Studium bei der Bundesbank somit relativ hoch sind.
Michael Greubel, Oberstudienrat